Samstag, 31. Oktober 2015

Mehr für Weniger

Letzten Mittwoch war ich zur 3-Monatskontrolle in St. Gallen. Nach Hause gekommen bin ich mit einem Mäppli voll mit Rezepten, Katalog, Verordnung.

Mehr für Weniger! Mit fortschreiten der Krankheit, kommt jenes Hilfsmittel dazu, dieses Medikament noch ausprobieren wegen dem Speichel usw. Muss bald schauen, dass ich den Überblick behalte.

Da mein Kiefergelenk immer mehr einrostet wegen Nichtgebrauch, erhalte ich einen "Kieferöffner", wie ich dem sage. Damit kann ich dann das Kiefergelenk trainieren. Das Ziel ist, dass ich Mund und Kiefer noch genügend öffnen kann, wegen der Mundpflege und Schleimentfernung. Das Gerät sollte ich nächste Woche erhalten. Bin gespannt, ob es hält, was es verspricht.

Ich habe eine Verordnung für Ergotherapie erhalten, um die nachlassende Feinmotorik in den Händen zu trainieren. Neustens fallen mir Dinge einfach so aus der Hand. Dazu habe ich den Hilfsmittelkatalog der Rheumaliga erhalten, der viele praktische Hilfsmittel enthält, um Alltägliches  mit weniger Kraft zu meistern.

Vor 2 Wochen wurde mir, über ALS Schweiz die Anfrage übermittelt, dass die Fachzeitschrift Curaviva gerne ein Portrait über mich machen würde, eingebettet in einen Artikel über ALS. Ich habe zugesagt, da ich es wichtig finde, dass über ALS informiert wird. Ist die Krankheit doch immer noch wenig bekannt. Natürlich war ich auch neugierig und gespannt, wie das ablaufen wird.

Das "Tablet-Interview" und die Fotosession hab ich als angenehm empfunden. Anfangs war ich schon nervös, wie das gehen soll, wenn ich mich nur per Tablet ausdrücken kann. Die Journalistin und der Fotograf hatten meinen Blog gelesen und waren so gut vorbereitet. Ich habe beide als empathisch und sehr angenehm erlebt. So legt sich meine Nervosität von selbst und ich war dann mit Freude dabei.

So hab ich eine gute neue Erfahrung gemacht.


Samstag, 24. Oktober 2015

Das Leben geht weiter

Nächste Woche feiert unser jüngstes Enkelkind, Lia, ihren ersten Geburtstag. Damals dachte ich, dass ich diesen Geburtstag nicht mehr erleben würde.

Ich lebe immer noch!! Und ich freue mich, mit meiner Familie gemeinsam diesen Geburtstag zu erleben.

Die erste Zeit nach der Diagnose, glaubte ich, dass ich nur noch einige Monate vor mir habe. Wut, Trauer, Hadern und Angst dominierten mich eine Zeit lang-

Doch ich stellte im Laufe der Monate fest: das Leben geht weiter! Auch mit der Krankheit. Einfach anders!!

Der Alltag pendelt sich ein, mit all den Strukturen, die die Krankheit mit sich bringt,  Routine. auch . Ich lernte mit ALS zu leben . Meine Kraft nicht für Widerstand gegen das Unausweichliche zu "vergeuden." Das gibt mir mehr Stabilität, eine gewisse Gelassenheit und vor allem mehr Elan. Dazu gehört auch, bewusst meine Kräfte einzuteilen, Pausen einbauen, offen mitzuteilen, wenn es mir zu viel wird, ich müde werde. So bin ich auch frei, mich an schönen Momenten zu erfreuen.

Ein langer und manchmal schmerzhafter Prozess..

Ich habe das neu erschienene Buch des kürzlich verstorbenen Autors, Henning Mankell, mit dem Titel "Treibsand - was es heisst ein Mensch zu sein", Er hat dieses Buch nach seiner Krebs-Diagnose geschrieben. Ein Satz im Klappentext des Buches hat mich "angesprungen";

"Leben ist im Grunde nichts anderes als Überlebenskunst"

Das gilt  mit oder ohne Krankheit.

Das Buch werde ich lesen, wenn wir nächstes Mal im Goms sind. Ich bin gespannt darauf.












Donnerstag, 15. Oktober 2015

Ascona / Hilfe annehmen

Wir erlebten 3 sehr schöne Tage im Tessin. Das Hotel war super,  das Wetter  OK: am ersten Tag ein Gemisch von Sonne und Woken. Erlaubte uns jedoch einen Espresso (für mich mit Schwämmli zum "gspüre" des Kaffeegeschmacks auf der Zunge) am Lungolago. am 2. Tag Nieselregen, der überhaupt nicht störte, bummelten wir doch unter den Arakaden Locarnos. Ich habe mir am Wochenmarkt in Ascona noch spontan eine Handtasche gekauft.  Der 3. Tag begann mit stahlblauem Himmel und Sonne; so richtig nochmals zum Flanieren. Anschliessen die Heimfahrt im Zug durch das herbstliche Tessin.

Ascona sieht, in der Fussgängerzone, noch immer aus wie vor 40 Jahren als wir im Tessin wohnten. Und wie damals hört man viel mehr Schweizerdeutsch als Italienisch.

Einen Espresso "trinken" in einem Café geht ganz gut. Ich traute mich sogar das Schaumstoff-Bäseli zu gebrauchen. Und Peter trinkt halt den 1, 5 Tassen, da ich nur wenig brauche um den Geschmack zu haben.

Was mich immer noch viel Überwindung kostet, ist das Besuchen eines Restaurants. Peter muss ja auch mal essen.  Zu sagen, dass ich weder esse noch trinke, empfinde ich als schwierig, ja fast peinlich. Dazu kommt dann auch der Gluscht. Zu einem Tessinbesuch gehört doch Risotto, Polenta, Pizza, aktuell mit frischen Pilzen und dazu ein guter Merlot, aber eben......

Ich konnte es dann die zwei Restaurantbesuche aber doch als angenehme Abende erleben.

Mehr Hilfe brauchen im Alltag ist ein anderes Thema. Ich verliere in den Armen und Händen wie auch am Rumpf merkbar Kraft. Auch die Feinmotorik will nicht immer wie ich möchte: Druckknöpfe, kleine Knöpfe oder  einen Reissverschluss schliessen, einen Drehverschluss öffnen, einen Pullover ausziehen, einen vollen Krug  oder eine Pfanne heben, Schuhbändel anziehen u.a. gelingt manchmal, manchmal einfach nicht. Einmal kam ich fast nicht mehr aus einem öffentlichen WC, da ich den Drehknopf fast nicht öffnen konnte

Dann um Unterstützung bitten, fällt mir unglaublich schwer. Zu sehen, wie die Selbständigkeit so stets abnimmt und die Abhängigkeit zunimmt ist manchmal fast nicht auszuhalten.

Ich werde nicht darum herumkommen, zu lernen, dies zur Seite zu legen, über meinen eigenen Schatten zu springen und um Hilfe zu bitten und diese auch anzunehmen.







Montag, 5. Oktober 2015

Planen - Leben im Hier und Jetzt

Die Tage im Wallis waren viel zu schnell vorbei. Ich hätte es noch länger ausgehalten. Die Tage gingen wir gemütlich an, so richtig entschleunigt. Eine Herausforderung für mich, wo ich doch eher durchs Leben rannte, getrieben von Hektik, und Ungeduld. Ich empfand jedenfalls diese ruhigere Gangart als angenehm. Den Kühen auf der einen Seite des Hauses und den Schafen auf der andern Seite zuschauen, war beruhigend.

Ich erlebe die Tage im Hier und Jetzt zunehmend bewusster. Jedoch auch begleitet von Wehmut und Trauer, verbunden mit  Fragen: z.B Ist es das letzte Mal, dass ich die schönen Farben des Herbstes sehe? Manchmal gelingt es besser das Leben Tag für Tag zu nehmen, manchmal halt nicht. Wo bleibt das Planen von Neuem, wenn ich im Moment lebe? Widerspricht sich dies nicht?

Ich habe immer gern geplant, organisiert und mir neue Ziele gesetzt.  Ferien auf Monate hinaus gebucht,. Dasselbe mit Musical- oder Konzertkarten. Ich ging selbstverständlich davon aus, dass ich dies alles erlebe, was ich geplant habe. Hab gar nicht daran gedacht, dass etwas nicht klappen könnte.

Jetzt plane ich kurzfristig, schränke mich dabei vermutlich auch ein, aus Angst, etwas absagen zu müssen. Dabei vergesse ich, dass immer etwas dazwischen kommen kann, ob gesund oder krank. Wir mussten selbst vor vielen Jahren eine Reise nach Wien absagen, da Peter, einen Tag vor Abflug, ins Spital musste mit Nierensteinen.

Nein, im Hier und Jetzt leben und das Planen  muss nicht widersprüchlich sein. Es verändert sich, da nicht mehr alles machbar und selbstverständlich ist..

Wir haben einiges geplant in nächster Zeit: Nächsten Samstag gehen wir ins Musical "io senza te". Diese Songs erinnern an meine jungen Jahre, wo sowohl die Songs von Peter, Sue und Marc ihren Platz hatten, wie diejenigen  der Beatles oder Rolling Stones.

Am Montag gehen wir dann für 3 Tage nach Ascona. Das haben mir Marco und Patrick zum Geburtstag geschenkt. Ich habe mir gewünscht,  nochmals ins Tessin zu gehen, haben Peter und ich doch unsere ersten gemeinsamen Jahre im Tessin verbracht. und Marco ist dort zur Welt gekommen. Da werden sicherlich viele Erinnerung wach werden.

Ich werde sicher das Musical und die Tage im Tessin im Moment geniessen.